13. November 2023
Vertreterversammlungen der Bezirksärztekammern

Stuttgart, 14. November 2023. Jeden Herbst treffen sich die Delegierten der vier Bezirksärztekammern Nordwürttemberg, Nordbaden, Südbaden und Südwürttemberg im Rahmen ihrer Vertreterversammlungen. Sie diskutieren über Berufs- und Gesundheitspolitik, treffen wichtige Entscheidungen und beraten über den Haushalt. Nach der Hochphase der Coronapandemie waren es jetzt vor allem die Krise im Gesundheitssektor und die schlechten Rahmenbedingungen, die die Ärzteschaft beschäftigten und über die die Vorstandsvorsitzenden berichteten.
Nordwürttembergs Präsident Dr. Jürgen de Laporte stellte fest: Bei all den Ansätzen gesundheitspolitischer Entscheidungsträger, auf Versorgungsengpässe zu reagieren – Community Health Nurses, Gesundheitskioske, Gesundheitsregionen und mehr – komme die hausärztliche Versorgung mit persönlicher Arzt-Patient-Beziehung zu kurz. Auch breiteten sich rein gewinnorientierte Akteure im Gesundheitswesen aus. Er warnte: Daran, dass Patienten tatsächlich von all den Reformen profitieren, gebe es Zweifel. Seitens der Politik werde zu sehr auf selbst ausgewählte Beraterkreise und zu wenig auf das Know-how der Ärzteschaft gesetzt.
Nordbadens Präsident Prof. Dr. Dr. Christof Hofele bemerkte, im Gesundheitssektor sei vermehrt die das Prinzip „teile und herrsche“ erkennbar. Dass sich also verschiedenste Experten und gesellschaftliche Gruppen in Untergruppen spalten (lassen), gegensätzliche Interessen zeigen und so weniger handlungsfähig sind. Die heutige Gesundheitspolitik habe dieses Prinzip verinnerlicht, betonte Prof. Hofele. Er appellierte an die Ärzteschaft, sich nicht auseinanderdividieren zu lassen. Gefragt sei das gemeinsame Ringen um die bestmögliche Lösung – und nicht die Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner.
In Südbaden wies Kammerpräsidentin D. Paula Hezler-Rusch auf die „harten“ Fakten hin: Rund 1.000 Hausarztsitze seien in Baden-Württemberg nicht besetzt, Fachärztinnen und Fachärzte fehlten sowohl im ambulanten als auch im stationären Sektor und Notaufnahmen seien überfüllt. Sie erinnerte allerdings auch daran, dass der Arztberuf mit sozialer Verantwortung gekoppelt sei und es über reine Gesundheitsthemen hinaus gesellschaftliche Verpflichtungen gebe: beispielweise gegen Antisemitismus Stellung zu beziehen.
Auch Dr. Sophia Blankenhorn, die Präsidentin Südwürttembergs, rief die Ärzteschaft hinsichtlich der großen Strukturprobleme zur Einheit auf. Nur zusammen sei es möglich, an Problemen zu arbeiten. Wenn sich die Politik nicht umstimmen lasse, sei es für Ärztinnen und Ärzte umso wichtiger, sich über ihre Organisationen und Verbände einzubringen. Wichtig sei ärztlicherseits nun vor allem, sektorenverbindend zu denken und zu agieren.
Neben der Debatte um berufs- und gesundheitspolitische Entwicklungen war auch das Aufzeigen der Kammeraktivitäten wichtiger Bestandteil aller Versammlungen. Dr. de Laporte führte beispielhaft Nordwürttembergs Anstrengungen zur Nachwuchs- und Fachkräftesicherung an und informierte unter anderem über die Beteiligung der Kammer am Projekt „AzubiCard Baden-Württemberg und an der Image- und Ausbildungskampagne „Von Beruf wichtig“. Zudem biete der Bezirk im Auftrag der Landesärztekammer landesweit die Fortbildung zur Fachwirtin / zum Fachwirt für ambulante medizinische Versorgung an.
Prof. Hofele lobte die gute Teamarbeit des neu gewählten Vorstands und gab nach dem Rechenschaftsbericht den Delegierten die Möglichkeit, sich über die in der Kammerstruktur eingebetteten Ausschüsse und Arbeitskreise zu informieren. Die Delegierten lobten zudem die bisher im Bezirk Nordbaden initiierten Aktivitäten für eine Evaluation der Weiterbildung und ermunterten den Vorstand, diese fortzuführen und sich für eine Ausweitung einzusetzen.
Dr. Paula Hezler-Rusch gab unter anderem einen Überblick über die neu gegründeten und auf den Weg gebrachten Weiterbildungsverbünde und nannte Daten, Fakten und Zahlen in Sachen Weiterbildung und Weiterbildungsgespräche vor Ort. Des Weiteren beschrieb sie die Kammeraktivitäten in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit: Aktuell werde intensiv an den Themen „Digitalisierung“, „Reduktion von Papier- und Ressourcenverbrauch“ sowie „gut handhabbare Systeme“ gearbeitet.
Der Fachkräftemangel war auch in Südwürttemberg Thema: Dr. Blankenhorn stellte diesbezügliche Kammermaßnahmen vor: darunter vermehrte Stand-Präsenz auf Ausbildungsmessen und eine Neukonzeption des MFA-Flyers, besser zugeschnitten auf die Zielgruppe der jüngeren Generation. Darüber hinaus informierte sie die Delegierten, dass zusammen mit der KV an der Stärkung der Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung und an der Verbesserung der Krankheits-Früherkennung gearbeitet werde.