25. November 2024

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Aktuelle Lage, Haushalt, Finanz- und Beitragsordnung sowie Weiterbildungsordnung

Vertreterversammlung der Landesärztekammer

Blick in die Vertreterversammlung der Landesärztekammer© Landesärztekammer Baden-Württemberg

Es waren und sind unruhige Zeiten, in denen die Delegierten der Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg für ihre Herbst-Sitzung – traditionell stehen hier die Kammerfinanzen im Fokus – zusammenkamen: Russlands weiterhin brutaler Krieg gegen die Ukraine, Gewalt im Nahen Osten, Demagogen, die Wahlen gewinnen und dabei die Wahrheit „zurechtbiegen“ sowie im Inland der Bruch der Regierungskoalition, dessen Konsequenzen für den reformbedürftigen Gesundheitssektor nicht absehbar sind. Umso wichtiger war es den Delegierten daher, mit aller gebotenen Sachlichkeit zu debattieren und die Ärzteschaft in diesen unruhigen Zeiten stabil aufzustellen.

Aktueller Lagebericht

Dr. Wolfgang Miller, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg, skizzierte in seinem Bericht zur Lage einige Herausforderungen aus dem Gesundheitsbereich. Zwar hatte die Krankenhausreform – entgegen dem Votum aus der Landesregierung – erst am Vortag des Treffens den Bundesrat passiert, dennoch gebe es am Gesetz noch viel zu tun, zu definieren und zu verbessern, so Dr. Miller. Die neue Gebührenordnung für Ärzte werde von der Politik aktuell nicht mehr angefasst und wohl in naher Zukunft nicht in Kraft treten.

Die ungesteuerte Inanspruchnahme des Gesundheitssektors bereite ebenfalls nach wie vor Probleme. Das Medizinische Personal würde an den großen Belastungen in Praxen, Kliniken und Notarztstandorten fast zerbrechen. Und auch die anstehende Fortschreibung der Fortbildungsordnung bringe Herausforderungen mit sich.

Dr. Miller stellte klar: Die Fortbildung muss frei sein von Beeinflussung durch Interessen Dritter. Trotzdem muss Sponsoring nach klaren Regeln weiter möglich sein. Für die Detailfragen sei man in Kontakt mit den anderen Landesärztekammern. In Sachen Notfallversorgung und Ärztlicher Bereitschaftsdienst sei der Kammervorstand in engem Austausch mit der Kassenärztlichen Vereinigung. Zudem beteilige sich die Kammer daran, die Debatte durch Aufklärung zu versachlichen. „Viele Menschen im Land verstehen das Thema, wenn man ihnen Zusammenhänge erklärt, und bringen dann mehr Verständnis auf“, sagte Dr. Miller

Auch lege die Ärztekammer ein besonderes Augenmerk darauf, dass bei der Umsetzung der Krankenhausreform die ärztliche Weiterbildung gestärkt und (finanziell) gefördert werde. Auch hier gehe es darum, gegenüber Politik und Öffentlichkeit das richtige Bewusstsein zu schaffen und Zusammenhänge zu erklären. Allen Beteiligten müsse klar sein: Nur wer Zeit und Mittel habe, eine gute Weiterbildung zu durchlaufen, sei später in der Lage, eine hochwertige Medizin zu machen, betonte Dr. Miller. In einer aktiven Gestalterrolle sei die Ärztekammer auch in puncto Digitalisierung und Künstliche Intelligenz, indem sie beispielsweise Fortbildungen in diesem Bereich anbiete und Ärztinnen und Ärzte fit mache für dieses Zukunftsthema.  

Dr. Miller stellte klar, worauf es gerade in unruhigen Zeiten ankomme: Handlungsfähig bleiben und sich nicht auseinanderdividieren lassen. Dementsprechend appellierte er an die Ärzteschaft, Geschlossenheit zu wahren: „Ärztinnen und Ärzte tragen eine besondere Verantwortung und haben einen herausragenden Einfluss, wenn sie in den wichtigen Fragen mit einer Stimme sprechen“, konstatierte Dr. Miller unter dem Applaus der Delegierten.

Finanzen und Kammerbeitrag

Rechnungsführerin Dr. Gisa Weißgerber gab den Delegierten einen Sachstandsbericht zum laufenden Rechnungsjahr, und der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Prof. Dr. Michael Faist, stellte die Haushaltsplanung für 2025 vor. Beide gingen von einer weiteren Stabilisierung der Kammerfinanzen aus, wie sie sich auch schon in der Sommer-Vertreterversammlung angedeutet hatte. Die Delegierten begrüßten die Entwicklungen und beschlossen daher für das kommende Jahr eine leichte Absenkung des Kammerbeitrags auf 0,57 Prozent. Zudem befürwortete die Vertreterversammlung die Bildung einer zweckgebundenen Rücklage zugunsten der Beschaffung des Dienstgebäudes in Freiburg (das ÄBW hatte wiederholt berichtet) und stimmte für den Ankauf einer Teilfläche auf dem Gelände des Freiburger Ärztehauses, den Südbadens Kammerpräsidentin Dr. Paula Hezler-Rusch zuvor erläutert und empfohlen hatte.

Im Jahr 2022 hatte die Vertreterversammlung einen Beschluss zur Modernisierung der Finanzordnung der Landesärztekammer getroffen. Dr. Miller gab nun einen Zwischenbericht und stellte die Ziele für die Überarbeitung des Regelwerks vor. Dabei geht es unter anderem um eine Verwaltungsvereinfachung und die Steigerung der Transparenz. Die Delegierten nahmen den Sachstandsbericht zustimmend zur Kenntnis und lobten die umsichtige Arbeit aller Beteiligten.

Erleichterungen für die Ärztinnen und Ärzte wird die Änderung der Beitragsordnung mit sich bringen; sie wurde im letzten Herbst von der Vertreterversammlung angestoßen und nun von der Vertreterversammlung beschlossen: Demnach wird es künftig möglich sein, den Erhebungsbogen für den Kammerbeitrag auch ohne Steuerbescheid bei der Ärztekammer einzureichen, wenn der gültige Steuerbescheid für‘s vorletzte Jahr noch nicht vorliegt. Es soll dann zunächste der letzte verfügbare Steuerbescheid zugrunde gelegt werden – ein Weg, den sich viele gewünscht haben, der bisher aber in der Beitragsordnung nicht vorgesehen war. Wenn der Steuerbescheid dann vorliegt, wird der Beitragsbescheid korrigiert. Neben dem bisher ausschließlich papiergebundenen Beitragserhebungsverfahren wird künftig auch eine online-Variante angeboten werden, bei der die Mitglieder ihre Nachweise selber hochladen können.

Änderung der Weiterbildungsordnung

Bereits bei der Vertreterversammlung im Sommer hatten die Delegierten zahlreichen Detailänderungen an der geltenden Weiterbildungsordnung zugestimmt. Im Anschluss an derartige Satzungsänderungen sind eine Verhältnismäßigkeitsprüfung und ein Beteiligungsverfahren durchzuführen. Hierbei ergaben sich keine Einwände, sodass die Vertreterversammlung jetzt dem Änderungspaket nahezu ohne Einschränkung endgültig zustimmte. Nach Genehmigung durch das Sozialministerium werden die Änderungen voraussichtlich im Frühjahr 2025 im Ärzteblatt Baden-Württemberg bekanntgemacht und treten anschließend in Kraft.

Entschließungen der Vertreterversammlung

Die Vertreterversammlung fasste mehrere Entschließungen, die wir vorläufig nur stark verkürzt wiedergeben. Die Beschlüsse sind jedoch demnächst im Volltext auf der Website der Landesärztekammer Baden-Württemberg nachlesbar (www.aerztekammer-bw.de/entschliessungen).

Diffamierung von Ärztinnen und Ärzten: Es wurde ein besserer Schutz gegen Verleumdung im Netz und auf Arztbewertungsportalen gefordert.

Verordnungsfähigkeit von Blüten: Es wurde angeregt, an die zuständigen Stellen, vor allem an das BMG heranzutreten, um die Verordnungsfähigkeit von Cannabisblüten zu streichen.

Substitutionsbehandlung: Es wurde angeregt, die umfassenden Vorschriften, Prüf- und Dokumentationsmaßnahmen im Rahmen der Substitutionsbehandlung opioidabhängiger Menschen zu reduzieren.

Medizinische Fachberufe: Es soll geprüft werden, ob eine Zulassung von Auszubildenden, deren Muttersprache nicht Deutsch ist und deren Sprachniveau mindestens dem Level A2 entspricht, zur Ausbildung als MFA grundsätzlich ermöglicht werden sollte, um mehr Menschen den Zugang zu dieser Berufsausbildung zu ermöglichen.

Barrierefreiheit im Gesundheitswesen: Die Bundes- und Landesregierung wurden aufgefordert, mit Förderprogrammen gezielt Mittel bereitzustellen, um den Abbau baulicher und kommunikativer Barrieren zu ermöglichen.

Gewalt gegen medizinisches Personal: Es soll geprüft werden, ob eine Meldestelle zur Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte und nichtärztliches medizinisches Personal eingerichtet werden kann.

Approbationsanerkennung: Es sollen regelmäßig Informationsveranstaltungen zum Approbations-Antragsverfahren für Ärztinnen und Ärzte aus Drittstaaten stattfinden.

Ausländische Ärztinnen und Ärzte: Es sollen Informationen für ausländische Ärztinnen und Ärzte bereitgestellt werden, die deren zügigen Integration in die Ärzteschaft dienen.

Medizinische Informatik: Die Delegierten sprachen sich gegen die Streichung der Zusatzweiterbildung „Medizinische Informatik“ aus.

Prüfung der Anrechnung von Weiterbildung unter Berufserlaubnis: Es soll geprüft werden, ob unter Berufserlaubnis absolvierte Zeiten auf die Weiterbildung angerechnet werden können.