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Erstmals bei der medizin Fachmesse konnten junge Ärztinnen und Ärzte auf erfahrene Kolleginnen und Kollegen aus Klinik, Praxis und dem öffentlichen Gesundheitswesen treffen, um im „Speed Dating“-Format in einen kurzen persönlichen Austausch zu treten. So konnten innerhalb kürzester Zeit brennende Fragen zur Weiterbildung, zur Niederlassung oder zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf von verschiedenen Gesprächspartnern kompetent und lebensnah beantwortet werden. Das besondere Dialogformat bot die Bezirksärztekammer Nordwürttemberg erstmals ihren Mitgliedern auf der medizin 2025 in der Kongresslounge an. Fazit der Teilnehmenden: Sehr hilfreich und informativ!
Und es geht gleich in die nächste Runde: Speed-Dating Niederlassung - Die Chemie muss stimmen! am 21. Mai 2025 um 17.00 Uhr in der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg: Niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, die in den nächsten 2-5 Jahren Unterstützung suchen, werden interessierten Kolleginnen und Kollegen im 10-Minuten-Takt zur Verfügung stehen. Die Anmeldung wird über die Kammer ab Mitte März freigeschaltet.
Die Kammersprechstunde ist ein virtueller Austausch zu unterschiedlichen Themen in den Bereichen: MFA, Fortbildung, Weiterbildung, Recht und Finanzen.
Rückblicke:
- Gut ausbilden - Rechte, Pflichten und was sonst noch wichtig ist
- Weiterbildung - Prüfungsanmeldung
Die anstehenden kostenlosen Sprechstunden-Termine werden jeweils auf dieser Seite veröffentlicht.
Zum Thema „Choosing wisely – Ist Weisheit erlernbar?“ trafen sich am 19.03.2025 im Diakonie-Klinikum Stuttgart Interessierte aus Niederlassung und Klinik auf Einladung der AG Medizin und Ethik zum 30. Degerlocher Ethikgespräch. Als Referent führte Herr Prof. David Klemperer, zzt. noch in Berlin in einer Notfallpraxis tätig, in das Thema „Überversorgung“ mit unnötigen oder sogar schädlichen medizinischen Leistungen ein, das seit über 15 Jahren international verfolgt wird. In Deutschland startet die AWMF diesbezüglich unter dem Leitsatz „Gemeinsam Klug Entscheiden“ eine Qualitätsoffensive.
„Ärzte sollen Gewohntes hinterfragen, das vielleicht nicht immer das Beste für den jeweiligen Patienten ist“, empfiehlt Prof. Klemperer.
Mögliche Ursachen für Überdiagnostik oder Übertherapie seien in Deutschland die Sorge vor juristischen Konsequenzen, die Anspruchshaltung mancher Patienten, aber auch das deutsche Anreizsystem, das zu einer stärkeren Belohnung des Handelns im Vergleich zum Unterlassen führe. Wir sollten aber nicht allein identifizieren, welche medizinischen Leistungen kritischer zu hinterfragen sind, sondern im Rahmen von ‚Gemeinsam Klug Entscheiden‘ auch, welche zu selten in Anspruch genommen und stärker unterstützt werden sollten. Die Auswahl der anzusprechenden Gesundheitsfragen und die Entwicklung der Empfehlungen obliege jedoch den einzelnen Fachgesellschaften. Am Ende sollen klug ausgewählte Empfehlungen als Wissensgrundlage für wissenschaftlich und ethisch begründete Entscheidungen stehen. Diese gilt es, in verständlicher Form in eine öffentliche Diskussion und schließlich auf den Schreibtisch des Arztes und der Ärztin zu bringen. Wir müssen sowohl bei Ärzten/innen als auch bei Patienten/innen ein Bewusstsein schaffen, dass es ein Zuviel an Diagnostik und Therapie geben kann. Der bewusste Verzicht auf Maßnahmen kann manchmal die beste Entscheidung sein, erfordert aber ein hohes Maß an ärztlicher Erfahrung und klinischem Wissen. Das muss in der Weiterbildung gezielt vermittelt werden, um Klarheit bezüglich therapeutischer und diagnostischer Entscheidungen zu schaffen. Noch eine Erwartung von Prof. Klemperer: Es sollten keine falschen ökonomischen Anreize gesetzt werden, die vor allem die Durchführung diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen vergüten. Stattdessen muss die ärztliche Beratung adäquat vergütet werden.
Haben wir Ihr Interesse an medizinethischen Fragestellungen geweckt? Wir freuen uns, wenn wir Sie beim 31. Degerlocher Ethikgespräch am 15.10.2025 zum Thema „Fragen, Grenzen und Entscheidungen zu Beginn des Lebens“ bei uns begrüßen dürfen.
Gabriele du Bois
Mitglied der AG Medizin & Ethik
FÄ für Humangenetik, genetische Beratung, Stuttgart
„Hirntod oder Herztod?“ – diese Grundsatzfrage war der Ausgangspunkt für die jüngste Veranstaltung der Reihe Via medici, zu der die Kooperationspartner Evangelische Akademie Bad Boll, Hospitalhof Stuttgart und Bezirksärztekammer Nordwürttemberg am 02.07.2025 ab 19:00 Uhr in den Hospitalhof Stuttgart geladen hatten.
Sie sollte dazu dienen, sich einem Thema anzunähern, das für viele Patienten und Patientinnen lebensnotwendig und damit hoch emotional besetzt, aber gleichzeitig von kontroversen Diskussionen und politischen Handlungsoptionen geprägt ist: Die Organspende im Spiegel gesellschaftlicher, wissenschaftlicher, politischer und vor allem ethischer Fragestellungen.
Da diese genannten Aspekte zentral für den Informationsfluss und so letztendlich die Aufmerksamkeit und Akzeptanz in der Gesellschaft sind, startete der Abend nach einer Einführung durch Herrn Dr. Jürgen de Laporte, Präsident der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg, mit „Blitzlichtern“ der gesundheitspolitischen Sprecher/innen des Landtages. So äußerten sich Herr Jochen Haußmann (FDP), Herr Dr. Michael Preusch (CDU), Frau Petra Krebs (Die Grünen) und Herr Florian Wahl (SPD) jeweils in einem kurzen Statement zum bestehenden Spannungsfeld „Organspende“. Auf diese Weise bildeten sie einen ersten Bezugsrahmen zu den anschließenden Vorträgen von Herrn Prof. Vedat Schwenger, dem Ärztlichen Direktor des Katharinenhospitals Stuttgart, und Herrn Prof. Urban Wiesing von der Universität Tübingen sowie zu der späteren Diskussion im Plenum.
Diesem Bezugsrahmen schloss sich der Vortrag von Herrn Prof. Schwenger an, der zunächst in einem historischen Überblick aufzeigte, dass sich seit den 1960iger Jahren in der Transplantationsmedizin und der Organspende vieles weiterentwickelt hat. Bis heute uneingeschränkt gültig geblieben ist das Kriterium des irreversiblen Hirnausfalls, des „Hirntodes“, der eingetreten und nach einer präzisen Richtlinie diagnostiziert sein muss, bevor das Protokoll einer eventuellen Organentnahme durchgeführt werden kann. Bei einem Abweichen von diesem komplexen Protokoll wird das Vorgehen sofort als illegal eingestuft und die Transplantation kann nicht mehr erfolgen. Damit sind die Kriterien für eine mögliche Organspende in Deutschland nach heutigen wissenschaftlichen Maßstäben sehr anspruchsvoll und sichern den Vorgang gegen Missbrauch bestmöglich ab. Entsprechend ist vorerst die Organspende nach Herztod nicht wie in anderen EU-Ländern erlaubt, da der Herztod in Deutschland nicht unter das Kriterium der Irreversibilität fällt. Allerdings sind diese strengen Regelungen nicht uneingeschränkt positiv, da sie das Gesamtsystem zeitlich weit ausdehnen und die Hürden, bis es überhaupt zu einer Spende kommt, sehr hoch ansetzen. Diese systemimmanente Trägheit gekoppelt mit der noch nicht breitflächigen Auseinandersetzung der Bevölkerung mit dem Thema und einem nach wie vor bestehenden Wissensdefizit, sorgt für die langen Wartezeiten auf Spenderorgane und zu wenig Spendenwillige. Daher beurteilte Prof. Schwenger den Einsatz von professionellen Transplantationsbeauftragten in den Kliniken als eine wichtige Maßnahme, um potenzielle Spender/innen und deren Angehörige zu informieren und aufzuklären. Darüber hinaus sind für ihn die politisch nach wie vor diskutierte Widerspruchslösung, eine weitere Sensibilisierung der Gesellschaft sowie die Überdenkung des Herztodkriteriums Optionen, um eine höhere Spendenbereitschaft in der Bevölkerung zu etablieren. Vor allem appellierte er jedoch an jeden, eine persönliche Entscheidung bezüglich der eigenen Spendenbereitschaft zu treffen. Sollte diese positiv für eine Organspende ausfallen, so kann eine entsprechende Willensbekundung die starke emotionale Last von Angehörigen nehmen, die im Zweifel stellvertretend entscheiden müssen. Vor dem Hintergrund der vielen Schicksale und Leidenszeiten von Empfängern, die auf Organe warten, wäre eine erhöhte Spendenbereitschaft wünschenswert, zumal diese auch dem Organtourismus entgegenwirken würde, wie er aktuell beispielweise in Kenia und Asien gegeben ist.
Information und Kommunikation sind auch für Herrn Prof. Wiesing, der im Anschluss an Herrn Prof. Schwenger vortrug und die ethischen Gesichtspunkte ins Zentrum seiner Ausführungen stellte, entscheidend für die weitere Debatte in der Bevölkerung. Dies zeigt sich daran, dass die Organspende mit bis zu 70% eine sehr hohe Zustimmungsrate in der Gesellschaft hat, jedoch kaum jemand einen Spenderausweis mit sich führt. Konkret gegen eine Spende entscheiden sich nur 10%, was im Umkehrschluss bedeutet, dass alle anderen potenzielle Spender sein könnten, wenn sie sich aktivieren ließen. Neben den bereits von Herrn Prof. Schwenger genannten Aspekten der Widerspruchslösung und der persönlichen Entscheidung jedes Einzelnen, auch im ethischen Sinn, ergänzte Herr Prof. Wiesing noch zwei weitere wichtige Punkte. Zum einen hinterfragte er, ob das Kriterium des irreversiblen Gehirnausfalls auch ethisch vertretbar sei und nicht nur medizinisch-wissenschaftlich. Da die Irreversibilität mit dem Umstand einhergeht, dass der betroffene hirntote Mensch nie wieder eine Beziehung zu sich selbst als Wesen oder zu seiner Umwelt aufbauen kann und das tatsächliche Sterben des Körpers lediglich noch maschinell verzögert wird, sieht Herr Prof. Wiesing keinen ethischen Widerspruch in einer möglichen Organspende, zumal, wenn der Betroffene seinen Spendenwillen klar geäußert und dokumentiert hat. Zum anderen führt Herr Prof. Wiesing die mangelnde Zahl an Spenderorganen zum größten Teil auf die schlechte organisatorische Infrastruktur im Gesundheitswesen beim Thema Organspende zurück. Dies beginne bei der kaum vorhandenen direkten Ansprache der Bevölkerung durch die Krankenkassen, um zu einer Entscheidung zu ermuntern, setze sich über die fehlende Widerspruchslösung fort und ende damit, dass viel zu wenige potenzielle Spender identifiziert und gemeldet würden. Aufgrund mangelnder Kapazitäten und Fachwissen in vielen kleineren Kliniken könne das vorhandene Potenzial nicht annähernd ausgeschöpft und die nötige hohe Anzahl an Transplantationen realisiert werden. Wenn dieser Fakt der System-Organisation optimiert werden würde, könnte der Organmangel in Deutschland markant zurückgefahren, wenn nicht behoben werden. Hier sieht Herr Prof. Wiesing auch eindeutigen politischen Handlungsbedarf.
Mit diesem Stichwort startete eine angeregte Diskussion zunächst im Plenum und anschließend in der Schlussrunde der politischen Sprecher, die Konsequenzen für das weitere politische Handeln ihrer Parteien thematisierten. Auf diese Weise fand ein Abend seinen Abschluss, der sehr informativ war, aber zugleich nachdenklich stimmte, denn eines wurde unzweifelhaft klar: Organspende ist abseits von jeglichem wissenschaftlichem, medizinischem und politischem Diskurs vor allem ein zutiefst menschliches Thema, das von individuellen Schicksalen, Leidenszeiten und emotionalen Ausnahmesituationen geprägt ist. Ohne eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem Leben und dem Tod kann sie nicht gedacht werden.
Podcast
Die Podcast-Episode zur Veranstaltung ist unter „HörRäume“ auch auf den Plattformen Spotify, Apple Podcasts, Deezer und Podimo verfügbar.
Jetzt reinhören: https://www.ev-akademie-boll.de/mediathek/audio/hoerraeume/podcast/leben-schenken.html